Vom Wintersemester 1962/63 bis zum Sommersemester 1965 habe ich in Münster Jura studiert. Im Sommersemester 1963 nahm Professor Ratzinger seine Lehrtätigkeit in Münster auf. Da ich, zumal in der Zeit des Konzils, an theologischen Fragen interessiert war, hatte ich etliche Freunde, die Theologie studierten und mich in die Vorlesungen von Professor Ratzinger mitnahmen. Man musste schon früh im Hörsaal sein, um einen Platz zu bekommen. Ich bin sicher, dass ich nicht der einzige Laie war, der den Vorlesungen gespannt lauschte. Diese Vorlesungen waren nämlich so gehalten, dass auch ein interessierter Laie dem Gedankengang folgen konnte. Sie atmeten ganz den Geist des laufenden Konzils. Besonders eindrucksvoll für mich war, dass Professor Ratzinger die einzelnen Dogmen in ihrem geschichtlichen Zusammenhang darlegte. Überraschend für eine Dogmatikvorlesung war der ständige Bezug auf die Heilige Schrift.
Der Höhepunkt meiner Erfahrung mit Professor Ratzinger waren aber die Adventspredigten, die er 1964 im Dom zu Münster gehalten hat. Der Dom war so voll, dass man froh sein konnte, wenigstens einen Stehplatz zu haben. Wenn immer ich mich mit jemandem unterhalte, der diese Zeit in Münster miterlebt hat, erwähne ich diese Predigten. Und jedesmal erhalte ich die Antwort, dass diese Predigten eine bleibende Erinnerung sind.
Bernhard Suermann (Deutschland)
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